Späte
Antwort
Lilli Mühlher
"Ich
bitte Sie aufrichtig und demütig um Verzeihung: nicht, weil ich
Sie verlassen habe, sondern weil ich so lange geblieben bin." (Alexis
an seine Frau) Marguerite Yourcenar schreibt im Nachwort zu "Alexis
oder der vergebliche Kampf", sie habe manchmal daran gedacht, zur
Beichte des homoerotischen Alexis an seine von ihm verlassene Frau
eine Antwort zu verfassen. Diese Erwiderung würde sein Geständnis
in allen Punkten unwidersprochen lassen und in einigen ergänzen.
Lilli
Mühlherr nimmt die Idee Marguerite Yourcenars auf und setzt sie
literarisch um. Aus der nötigen Distanz erkennt sie eine starke
Mutter, den idealisierten und erfolgreichen Musikervater. Und besonders
Daniel, den Sohn der beiden. Daniel in einer nicht ganz glücklichen
Ehe; nicht ganz erfolgreich in der akademischen Laufbahn. Nicht
ganz. Nach dem Tod der Mutter findet Daniel ihre wohl nie abgeschickte
Antwort an Alexis, findet aber auch zum eigenen Wagnis, zur Resignation,
vielleicht zur Bescheidung mit sich selbst.
ISBN
3-905110-10-5
Edition Hartmann, 1998
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Die
klar gestaltete Darstellung eines ungewöhnlichen Beziehungsgeflechtes
ist nicht nur psychologisch einfühlsam fundiert, sondern genügt
auch sprachlich hohen Ansprüchen. Die seelenkundige Autorin
hat uns mit dieser feinsinnigen Miniatur zum uralten Thema "Schuld
und Sühne" überrascht.
Der Kleine Bund
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